Donnerstag, 8. Oktober 2015

Über den Wahnsinn der Waffenproduktion

Quelle: fox59.com
 „Warum werden Waffen an jene verkauft, die planen, einzelnen Menschen und der Gesellschaft unbeschreibliches Leid zuzufügen?” Pause. „Leider ist die Antwort, wie wir wissen: Einfach wegen des Geldes – Geld, das getränkt ist in Blut, oft unschuldigem Blut.“

Dies sagte Papst Franziskus am 24.9.2015 vor dem amerikanischen Kongress, vor den Abgeordneten, unter denen vermutlich nicht wenige durch das Waffengeschäft zu ihrem Reichtum, Amt und Würden gelangt sind. 


Ich weiß nicht, ob die republikanischen Abgeordneten bei diesem Abschnitt der Rede in Zustimmung aufgestanden sind oder nicht. Vielleicht haben sich manche gedacht: Ach, was für ein naives Denken kann sich ein Papst erlauben, wir hingegen tragen die Verantwortung für die Sicherheit der Nation und der Welt usw.
 

“Britannien sollte akzeptieren, dass solche Waffen unmöglich mit einer Sicherheitsgarantie verwendet werden können und wir sollten die Pläne für die Erneuerung des Trident-Atom-Verteidigungssystems aufgeben, was 100 Mrd. Pfund für unseren nationalen Wohlstand freigibt.“ Das sagte Jeremy Corbyn, seit kurzem Führer der britischen Labour-Party.
 

Es mag tatsächlich naiv klingen, auf die exorbitante Unsinnigkeit der Anhäufung von Zerstörungsmaterial hinzuweisen. Aber ich finde, dass es immer wieder gesagt werden muss, bis es so tief in den Seelen der Menschen angekommen ist, dass im Außen etwas passiert: Ohne Waffen gibt es keinen Krieg. Waffen zerstören: Menschenleben und Güter. Was an Zerstörungen angerichtet wurde, muss wieder aufgebaut werden, bis ein menschenwürdiges Leben in den Kriegsgebieten möglich wird.
 

Illusionäre Tagträumerei, tönt es gleich von allen Seiten. Die "Vernünftigen" wissen es besser:  Wer abrüstet, zahlt drauf. Wer aufrüstet, ist auf der sicheren Seite. So geht die herrschende Logik, basierend auf einem sogenannten Hausverstand. Wir leben in einer Welt des Misstrauens, und wer sich schwach zeigt, wird vom Stärkeren untergebuttert. Der Mensch ist des Menschen Feind, so war es immer schon und so wird es immer bleiben. Also sei auf der Hut und halte stets deine Waffen griffbereit.

Nun hat nicht die Hochrüstung und Abschreckung Frieden gebracht, dort, wo Frieden herrscht, sondern wirtschaftlicher Wohlstand und innerer sozialer Ausgleich. Die Rüstung dient weder dem Wohlstand aller noch dem sozialen Ausgleich. Vielmehr werden durch die Rüstungsindustrie öffentliche Gelder auf private Konten geleitet für die Produktion von Gütern, die im besten Fall verrotten, im schlimmsten Fall Menschenleben und Güter zerstören.

Kriege gehen meistens nicht durch den überlegenen Waffeneinsatz zu Ende, sondern durch das Erschöpfen der Waffenvorräte auf einer Seite. Deshalb müssen, solange der Glaube an die Notwendigkeit von Kriegen weiterbesteht, die Waffenarsenale bis an den Rand gefüllt bleiben.
 

Wir sind Gefangene von Glaubenssystemen, die Sachzwänge hervorgebracht haben. Diese Glaubenssysteme wurzeln in primitiven Vorstellungen von menschlichen Zusammenhängen. Und gründen auf der Annahme, dass Gewalt Konflikte lösen könnte. Wir müssen uns nicht der Logik des Misstrauens unterordnen, die uns vorgebetet wird. Misstrauisch sind wir nicht von Natur aus, sondern erst, wenn uns Angst gemacht wird. Wie leicht das geht, können die Kriegstreiber immer wieder beobachten: Menschen leben friedlich mit- und nebeneinander. Dann mischt sich die Propaganda dazwischen, und aus Freunden werden Feinde, die einander nur mehr mit Misstrauen beäugen, bis sie bereit sind, einander umzubringen. Das war in unserem Land ab 1938 und „vor unserer Haustür“ vor zwanzig Jahren am Balkan zu beobachten, das sehen wir in der Ostukraine und in den failed states, den zugrunde gerichteten Staaten im Nahen und Mittleren Osten.
 

Solange wir die Logik des Misstrauens in uns wachhalten und nähren, spielen wir mit im System der Aufrüstung und Vernichtungsbereitschaft. Indem wir dieses Denken teilen, sind wir mitverantwortlich für das, was wir vielleicht auf der anderen Seite als Wahnsinn erkennen. Machen wir uns jedoch unsere Verantwortung für den Frieden auf der Welt bewusst, dann müssen wir auch der scheinbaren Ausweglosigkeit der Waffenproduzenten widerstehen und überall in unseren Beziehungen Misstrauen durch Vertrauen ersetzen. (Damit ist kein blindes, sondern ein sehendes Vertrauen gemeint.)
 

Unsere Mitverantwortung können wir dadurch leben, dass wir die Tatsache der Sinnlosigkeit und Gefährlichkeit der Waffenproduktion und Waffenhortung immer wieder an den Pranger stellen. Sie einfach hinzunehmen und jede kritische Stimme als naiv zu belächeln, stärkt nur die Selbstverständlichkeit, mit der so große Teile der Menschheit und so viele politische Verantwortungsträger eine waffenstrotzende Welt hinnehmen und unterstützen.

Und aktuell heißt der Zusammenhang auch: Wenn es keine Waffen gibt, gibt es keinen Krieg. Wenn es keinen Krieg gibt, gibt es keine Flüchtlinge. Menschen flüchten nicht vor anderen Menschen, sondern vor Fassbomben, Phosphorgranaten und Raketen. Da wir in unseren Landen einen Teil unseres Wohlstandes der Waffenproduktion verdanken, die so viel Unheil in der Welt verursacht, haben wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung für die Geschädigten, die jetzt bei uns Unterschlupf suchen.

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