Donnerstag, 27. Dezember 2012

Was die Welt zusammenhält – die Universalität der Kommunikation

Im Blogbeitrag: „Das Modell der organischen Kommunikation“ (13. Juni 2012) habe ich den Begriff der Kommunikation auf die organische Welt ausgeweitet und vorgeschlagen, die zwischenmenschliche Kommunikation nur als Spezialfall einer viel allgemeineren Kommunikation, die zumindest im Bereich des Lebens wirksam und notwendig ist, anzusehen.

Universelle Kommunikation müsste bedeuten, dass alles, was es gibt, miteinander in Kommunikation steht. Anders ausgedrückt, hätte jedes Ding, also alles, was es in Raum und Zeit gibt, neben dieser materiellen Existenz ein kommunikatives Dasein, d.h. es bezieht sich auf andere und andere beziehen sich auf es. In diesem Beziehen werden Informationen ausgetauscht und Identitäten bestimmt, die Dinge in Raum und Zeit bestätigen sich also gegenseitig, dass sie da sind und einander zur Kenntnis nehmen.

Unter Menschen ist uns das geläufig, auch bei Tieren erkennen wir kommunikative Beziehungen, aber schon mit den Pflanzen wird es spekulativ. Manche Leute behaupten, dass sie mit ihren Blumen reden, und dass die dann länger blühen. Manche andere tun das als Spinnerei ab. Erst recht kommen wir in zweifelhafte Regionen, wenn wir vorschlagen, dass etwa die Erde mit den Wurzeln kommunizieren könnte, der Stein mit dem Sand, der Planet mit dem Zentralgestirn, das Elektron mit dem Atomkern usw. Was soll da an Informationen übertragen werden, was soll da an Identität bestätigt werden?

Allerdings – der Erklärungsnotstand entsteht bei der Frage, wie Leben ohne Informationsübertragung, also rein mechanisch, funktionieren kann. Nun ist auch jedes Lebewesen aus anorganischen Materialien zusammengesetzt, aus Molekülen, die aus chemischen Elementen bestehen, also, etwas poetischer ausgedrückt, aus Sternenstaub. Wer oder was da kommuniziert, damit das Leben leben kann, diese Materieteilchen also, die z.B. die Signalübertragung einer Nervenzelle erledigen, müssen kommunikative Fähigkeiten aufweisen. Sie sollten in der Lage sein, Rede und Antwort zu stehen. Damit ist die Annahme nicht mehr weit hergeholt, dass auch im Bereich der unbelebten Dinge kommuniziert wird, also Information übertragen wird.

Esoterische Gewissheiten

In der Esoterik sind solche Annahmen schon lange in Wirklichkeiten übersetzt worden. Schließlich sprechen wir den Planeten Einfluss auf unsere Psyche und Persönlichkeit zu, verweisen auf Franziskus von Assisi, der mit den Vögeln redete, und haben uns selber vielleicht schon mal in einer Tranceerfahrung als Riesenschlange oder als Kieselstein gefühlt.  Esoterische Erfahrungen haben nur das Problem, dass sie subjektiv sind und subjektiv bleiben, weil sie durch andere Menschen anders erlebt werden. Sie sind Menschen verständlich, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und die entsprechenden esoterischen Grundannahmen teilen. Darüber hinaus aber werden die esoterischen Erkenntnisse nicht ernst genommen werden.

Die Esoterik ist eben dadurch definiert, dass sie Aussagen produziert, die nur Eingeweihten verständlich sind und für andere keinen Sinn machen. Ihre Vertreter bemühen sich meistens gar nicht darum, eine allgemeinere Form der Verbindlichkeit und Verständlichkeit zu erarbeiten, und müssen sich deshalb mit einem Eck im öffentlichen Diskurs begnügen, in dem sie es sich gemütlich und einträglich, abgeschottet, belächelt oder ignoriert vom Rest der Welt, einrichten können.

Die Hypothese von der Allgegenwärtigkeit der Kommunikation

Wollen wir solche Kommunikationsbarrieren überwinden, können wir einen pragmatischen Zugang vorschlagen: Nehmen wir mal an, es gäbe überall kommunikative Zusammenhänge – was könnten wir damit besser verstehen und für bestimmte Zwecke, z.B. für die Heilung von Beschwerden, nutzbar machen?

Ich spare hier den ganzen anorganischen Raum aus und beginne mit der einfachsten Lebensform, der Zelle. Wie schon im anderen Blogbeitrag ausgeführt, ist es sehr plausibel, das Leben als Kommunikationszusammenhang zu verstehen. Eine Zelle besteht aus einer Reihe von Organellen, aus dem Zellkern, der Membran, dem Plasma usw. Jeder dieser Teile erfüllt eine bestimmte Aufgabe, und diese Aufgabenteilung wirkt so zusammen, dass die Zelle als ganze bestimmte Aufgaben erfüllen kann, sich z.B. von A nach B zu bewegen. Wie ist das möglich, ohne auf Kommunikation zurückzugreifen? Wie soll der Zellkern „wissen“, welche Gene er freigeben soll, wenn ihm das nicht mitgeteilt wird? Natürlich findet die Mitteilung nicht mittels Worten statt, sondern über chemische bzw. elektrische Signale. Aber das Mittel betrifft nicht das Wesen der Kommunikation.

Wie gesagt, braucht jede Kommunikationsform bestimmte Strukturen und Anwendungsregeln, die in unterschiedlichen Medien unterschiedlich gefüllt werden. Z.B. gibt es in jeder menschlichen Sprache die Struktur der Frage, die mit völlig verschiedenen Worten funktioniert, aber immer die gleiche Form und einen ähnlichen emotionalen Tonus hat.

Durch diese strukturellen Analogien können Informationen über die verschiedensten Kanäle mit den unterschiedlichsten Mitteln übertragen und verstanden werden. Es können die Nachrichten weiters von einer Kommunikationsebene in die andere übersetzt werden. Das Verständnis bezieht seinen Grundgehalt dabei jeweils aus der strukturellen Form. Wir können erkennen, dass ein Angehöriger eines neuguinesischen Stammes seinen Freund etwas fragt, ohne zu wissen, was er fragt. Wir verstehen „intuitiv“ die Grammatik, ohne dass die inhaltliche Bedeutung dafür von Bedeutung ist.

Wir können auch erkennen, dass ein Hund einen Menschen etwas fragt, und dass der Mensch auf die Frage reagiert, ohne dass es eine gemeinsame Sprache gibt. Gemeinsam ist die Struktur der Frage und der Antwort. Warum sollte die Verwendung dieser grammatikalischen Formen auf die Menschen und die anderen Säugetiere beschränkt bleiben? Könnte es nicht umgekehrt so sein, dass diese Formen in den Grundfunktionen des Lebens eingebaut sind, aus denen die verschiedenen Menschensprachen abgeleitet sind, als äußerst differenziert ausgearbeitete Variationen einer Grundgrammatik, die alle Lebensformen durchzieht.

Gefühle als Kommunikation

Wir können weiter spekulieren, dass in diesen Formen des Informationsaustausches die Wurzeln von Gefühlen liegen können. Gefühle nehmen wir in der Kommunikation anders wahr als Worte, die rein akustisch daherkommen. Sie haben eine eigentümliche Form der Schwingung, die sich aus verschiedenen Informationsbestandteilen zusammensetzt.

Es liegt auf der Hand, dass chemische und elektrische Vorgänge auf der Zellebene Schwingung erzeugen können. Vielleicht werden diese Schwingungen als die einfachste Form von Gefühlen im einfachen Bewusstsein einer Zelle erlebt. So erscheint es plausibel, dass Zellen, wenn sie in gefährliche Umstände geraten, etwas empfinden, was wir Angst nennen würden, während sie ihr Notprogramm starten. Und wenn die Gefahr vorbei ist, könnte sich in der Zelle ein Gefühl der Erleichterung verbreiten. Sollte sich die Situation in eine besonders angenehme Richtung verändern, könnte eine Zelle etwas wie Freude empfinden. Das Schwingungsmuster, das diese Empfindung erzeugt, unterscheidet sich deutlich von dem der Gefahrensituation.

Damit haben wir einen Erklärungsansatz, warum manche Menschen behaupten, dass sie mit Tieren oder mit Pflanzen Gespräche führen, dass Bäume auf Fragen antworten usw. Bäume kennen die Form der Frage, weil in ihrem inneren organischen Austausch in allen Zellen und zwischen allen Zellen ständig Fragen gestellt und Antworten gegeben werden. Sie können dazu möglicherweise den emotionalen Ton „verstehen“, in dem die Frage kommt, und die Offenheit des Hörers kann daraus eine Antwort entnehmen, die dann feinfühlig nach innen übersetzt werden kann. Kommunikation bedeutet dabei, dass zwei unterschiedliche Lebensformen miteinander in Resonanz gehen und dass diese Resonanz charakteristische Veränderungen bei beiden hervorruft.

Krankheit und interne Kommunikation 

Wir haben auch eine Ahnung darüber, wie es funktionieren kann, dass wir mit unserem Körper reden, mit Organen, die geschwächt oder  erkrankt sind, wenn wir mit Affirmationen arbeiten. Neben der positiven Wirkung, die Übungen allgemein auf den Körper haben, weil wir uns dabei entspannen, kann es auch sein, dass die spezifische grammatikalische Form, die wir dabei wählen und die emotionale Schwingung auf der Ebene der Körpergewebe, Organe und Zellen verstanden wird im Sinn einer Beruhigung und Unterstützung.

Offenbar kommt es bei Erkrankungen im Körper, die jeweils zu Stressbelastungen in den betroffenen Gebieten führen, zu Kommunikationsstörungen und damit zu einem Verlust an koordinierten Aktionen. Es scheint, als ob einzelne Bereiche so mit sich selber und der Bekämpfung der Bedrohungen beschäftigt sind, dass sie nicht dazu kommen, ausreichend mit den übergeordneten Ebenen in Kontakt zu treten, dass diese umgekehrt auch nicht in der Lage sind, den unteren Ebenen zu Hilfe zu kommen. Wenn nun von „ganz oben“, von der bewussten Steuerungseinheit unterstützende und stärkende Kommunikation bis auf die einfachste Ebene hinab gesendet wird, kann das dazu führen, dass die Kommunikationsnetze auf diesen Ebenen wieder aufgebaut und für den Zweck der koordinierten Heilungsarbeit nutzbar gemacht werden.

Wenn wir noch einen Schritt zurückgehen, müssen wir die Möglichkeit anerkennen, dass es zunächst die Kommunikation war, die gestört wurde, und bei Fortbestand der Störung zur Erkrankung wurde, die dann die Störung noch verstärkt und intensiviert hat. Wird also irgendwo im Körper die Kommunikation unterbrochen, folgt daraus über kurz oder lang eine Erkrankung. Der Sinn der Erkrankung liegt darin, dass sie das Kommunikationssignal so massiv verstärkt, bis es die übergeordneten Instanzen nicht mehr übersehen können und entsprechende Handlungen setzen müssen. Werden die Kommunikationsnetze in den gestörten Bereichen und zwischen den erkrankten Bereichen und der Zentrale, dem Gehirn, wieder hergestellt, so kommt die Heilung in Gang.

Die Erkrankung verhält sich wie ein kleines Kind, dessen Bedürfnisse nicht wahrgenommen werden, das also an einer Kommunikationsstörung leidet. Es schreit, bis es gehört und verstanden wird, und bis die geeigneten Handlungen erfolgen, die das Bedürfnis stillen und die Kommunikationsstörung beheben.

Zustände der universellen Kommunikation

Vielleicht kennen wir alle ganz besondere Momente, in denen uns die Welt als ineinander verschränkt und alles mit allem verbunden erschienen ist. Wir erleben dabei besonders erhebende und erhabene Gefühle und spüren uns völlig losgelöst und befreit. Es ist dabei, als wären wir eingebunden in die kommunikativen Netze, die zwischen den anorganischen und organischen Wesen ebenso wie zwischen den Pflanzen und Tieren und zwischen allen Menschen ausgespannt sind. Manche Kommunikationspfade erscheinen uns ausgetretener und vertrauter, aber wir bekommen eine Ahnung davon, was es heißt, dass die Kommunikation universell ist.

Vielleicht haben diese Momente einen Aspekt des Wiedererinnerns an sich – wir kennen diesen Zustand von früher, aus einer Zeit lange bevor sich unsere Sprach- und Denkfähigkeit entwickelt hat. Wir waren winzige Lebewesen am Anfang unserer Existenz, aber kommunikativ eingebunden in eine Umwelt, die uns verstanden und getragen hat.

Und dieses Gefühl des Verbundenseins hat uns Sicherheit und Geborgenheit verliehen. Unterbrochen wurde es durch Stresserfahrungen, durch Traumatisierungen, und wenn diese ganz schlimm waren, konnte der Bezug zu dieser Welt der wundersamen Allverbundenheit völlig verschüttet werden, sodass nur mehr die nüchterne Skepsis übrigbleibt, die viele erwachsene Menschen teilen.

So ist es unsere eigentliche Sehnsucht, den Zugang wieder finden zu den zauberhaften Kommunikationsnetzen, aus denen wir und aus denen die ganze Welt geflochten ist. Lernen wir wieder zu lauschen und zu flüstern in den vielfältigen geheimnisvollen Sprachen, die das Universum zusammenhalten.

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