Mittwoch, 9. Mai 2012

Futter für die Ängste


Den Gratisschlagzeilen in diesen Tagen zufolge zittern die restlichen Europäer, weil sie von den Griechen ins Chaos gestürzt wurden. Es nämlich nach den Wahlen die Aktienkurse um ein paar Prozente gesunken, d.h. die Besitzer dieser Aktien sind um diesen Betrag ärmer geworden, um den sie in den vorigen Monaten reicher geworden sind.

So weit, so tragisch. Was die Schlagzeiler wollen, ist, dass mit den bedauernswerten Aktienbesitzern alle Nichtaktienbesitzer mitleiden und mitzittern. Ein solidarisches Zittern soll durch Europa gehen, und solidarisch sollen die, die weniger haben, mit denen sein, die mehr haben, aber diesen Vorsprung schwinden sehen. Damit sich die Aktienbesitzer und Eurospekulanten nicht so alleine fühlen.
Die Hunde zittern, die Karawane zieht weiter. Vielleicht hat sie etwas Neues gelernt auf ihrem mühseligen Weg: Dass es riskant ist, wenn die Wirtschafts- und Währungsräume vereinheitlicht werden, während die politischen Strukturen aufgeteilt bleiben. Die Politik hat zwar in ihrer neoliberalen Blauäugigkeit der Wirtschaft die Rutsche gelegt, nach dem Motto: Das wird schon klappen, das wird der Markt schon richten.

Wieder einmal haben sich diese Hoffnungen nicht erfüllt. Solange einerseits die individuelle Gier und andererseits der nationalstaatliche Egoismus nicht überwunden sind, wird es immer wieder zu massiven Rückfällen in der Entwicklung kommen. Die Menschen (und die Politiker fallen auch unter diese Kategorie) können weiterhin so tun, als ende das Gemeinwesen an den nationalen Grenzen, brauchen sich aber nicht zu wundern, dass sich das Kapital nicht an diese Grenzen hält und der kleinlichen und kleinmeierischen Politiker und ihrer Anhänger spottet, die „für ihre Leute“ das Beste herausholen wollen.

Krisenzeiten, vor allem die herbeigeredeten und medial erzeugten, bringen Ängste hoch, und die Angst behindert jedes visionäre Planen und kreative Weitergehen. Das ist wohl das Interesse der Gratisschlagzeiler: Solange die Menschen ihre Ängste haben, werden sie sich Trost und Futter in den bedruckten Papierblättern suchen.

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