Dienstag, 27. März 2012

Der Betrugskapitalismus - aus der Sicht der Nachfahren

In 50, 100 oder noch mehr Jahren wird vielleicht über das Jahr 2012 nichts vermerkt werden, außer dass die Chancen versäumt wurden, Lehren aus dem Desaster des Turbokapitalismus in den Jahren zuvor zu ziehen. Nicht einmal die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Rahmen der EU sei gelungen, gescheitert an nationalen Egoismen, die sich auf die Listigkeit des Kapitals beriefen, dorthin zu flüchten, wo es sich am schnellsten vermehren kann und die weiterhin Brutstätten für die maximale Vermehrung zur Verfügung stellen wollten.
Mit Bedauern würden die Menschen zurückblicken auf eine Zeit der Borniertheit und Engstirnigkeit, der individuellen und nationalen Gier und Rücksichtslosigkeit. Wie lange hatte es gedauert, bis endlich die Vernunft und die Menschlichkeit gesiegt hatte und eine Weltregierung mit einem Welt-Finanzministerium eingeführt worden war. Gegen dessen Regulierungsmacht hatte das Kapital keine Chance, keine Fluchtmöglichkeit mehr. Es gab keine geschützten Finanzplätze in London oder New York mehr, keine steuerfreien Inselstaaten und keine Piratenhäfen für das vagabundierende Kapital.
Der Wahnsinn war eingedämmt, die wildgewordene Gier besänftigt, die zuvor ganze Bevölkerungsschichten verarmen hatte lassen, während sich die Verursacher der Massenausbeutung maßlos bereichern konnten. Damals, als den Menschen dämmerte, was sie sich eingehandelt hatten und wie sie an dem System, das sie selbst ausbeutete, mitwirkten, kam der Begriff des Betrugskapitalismus auf und führte zur gesellschaftlichen Ächtung von allen riskanten Finanzgeschäften, die das Risiko der Gesellschaft aufbürdeten und die Gewinne den Einzelnen. Einer so großen Zahl von Menschen war bewusst geworden, wie sie systematisch getäuscht, belogen und abgezockt worden waren.
Doch hatte letztlich die Erkenntnis, dass sich die Menschen einem Finanzsystem unterworfen hatten, das ihnen vor allem Schaden zufügte, wesentlich dazu beigetragen, dass sich nach und nach alle Staaten der Welt zu gemeinsamen Regulierungen zusammenfanden, bis schließlich auch die USA, am Rand des Zusammenbruchs der eigenen Wirtschaft, in den USW (United States of the World) aufgingen.
Und relativ schnell zeigte sich, wie auf der Basis eines weltweit vernetzten Verantwortungsgefühls das Finanzsystem von individuellen und nationalen Machtinteressen gereinigt werden konnte und zunehmend dabei mitwirkte, den Wohlstand auf der ganzen Welt auf ein gemeinsames Niveau zu heben.
("Deutscher Finanzminister erteilt Börsensteuer Abfuhr" Die Presse, 26.3.2012)

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